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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ab wann ist eine UVP eine UVP?



KlausK
14.03.2012, 22:29
Die Abkürzung UVP bedeutet im Verbraucherhandel "Unverbindliche Preisempfehlung".
Der Verbraucher selbst sieht in dieser Abkürzung evtl. auch andere Begriffe. Nicht zuletzt
deswegen, ist es eine wackelige Angelegenheit mit dieser Art der Preisgegenüberstellung
zu werben.

Aber, ab wann ist denn eine UVP überhaupt eine UVP?
1. Muss die UVP auf offiziellen EK-Preislisten angegeben sein?
2. Womöglich noch vom Vorstand persönlich unterschrieben?
3. Ist eine mündliche Vereinbarung zwischen Hersteller und Händler ausreichend?
4. Oder reicht eine eMail vom Hersteller mit einer Formel zur Selbstberechnung der UVP?
5. Oder kann ich mir einfach selbst eine UVP ausdenken? :eek:

Diese Frage habe ich übrigens auch einem Juristen gestellt, jedoch in Kurzform:
"Der Hersteller hat keine offizielle UVP, empfiehlt jedoch die Faustformel UVP = EK + X %"
"Ist diese Aussage des Herstellers als Nachweis der Existenz einer UVP ausreichend?"

Die Antwort:
"Sollte es keine UVP geben, dürfen Sie damit auch nicht werben."

Generell ist die Antwort ja richtig. Da sie aber nichts mit meiner Frage zu tun hat, hätte
ich genauso gut eine Parkuhr befragen können, zumal mir ein nochmaliges Nachfragen die
gleiche Antwort einbrachte.
Vielleicht bin ich auch einfach nur zu doof die Antwort richtig zu interpretieren ...

Aber vielleicht hat jemand anderes eine "echte" Antwort auf meine Frage. So eine mit
Argumentation, Quellverweis, Urteile und so weiter ... :rolleyes:

berny
15.03.2012, 11:56
Ich frage mich das ganze etwas aus einer anderen Perspektive:
Wenn eine Preisempfehlung unverbindlich ist, welchen Rechtswert hat diese dann?
Letztlich kann ja jeder eine unverbindliche Preisempfehlung ausstellen, also auch ich, sie ist ja unverbindlich und nur eine Empfehlung.

Ein anderes recht interessantes Urteil dazu:
urteilsticker - Urteile aus Wettbewerbsrecht Werberecht Urheberrecht - Rolf Becker (http://www.urteilsticker.de/index.php4?z=urteil&id=241)
Darin heißt es, dass generell der Ausdruck UVP in Frage gestellt wird und nicht erlaubt sei.

Anders schaut das sicherlich bei sogenannten "Statt"-Preisen aus, also bisherige Verkaufspreise, die sind rechtlich genau definiert (zumindest in Österreich, in Deutschland weiß ich das nicht.)
Aber auch hier muss offensichtlich angeblich angegeben werden, bis wann diese Stattpreise gültig waren.

Ein aktuelleres Urteil befasst sich mit dem generellen Problem der Preisgegenüberstellungen:
„Stattpreise“ - Anwaltskanzlei Hild & Kollegen (http://www.kanzlei.biz/nc/urteile/20-09-2011-lg-duesseldorf-38-o-58-09.html)
Zitat:
Die Bezugnahme auf einen anderen Preis muss stets klar und bestimmt sein.

Das scheint also der generelle Knackpunkt bei diesen Dingen sein.
UVP, Stattpreis und andere Ausdrücke reichen also offensichtlich nicht aus, um den Vergleichspreis klar zu bestimmen, soferne dieser Ausdruck nicht zusätzlich erklärt bzw bestimmt wird.

Bei uns in Österreich steht in den Katalogen zB immer:

Stattpreise sind unsere bisherigen Verkaufspreise oder vom Hersteller empfohlene Listenpreise.
Wie weit so ein Nachsatz bei Online-Geschäften zutrifft, kann ich auch nicht sagen....

Für meinen Teil: Stattpreise (also die Angabe der bisherigen offiziellen Verkaufspreise meines Geschäftes) machen durchaus Sinn (Abverkauf und ähnliches), Vergleiche mit Herstellerlisten eigentlich gar nicht, weil es ansich eh jeder Kunde schon intus hat, dass Herstellerlistenpreise eigentlich eine Farce sind, und so eine "Werbung" eher negativ empfunden werden könnte (aggressive Werbung).
Ist aber nur so eine Meinung meinerseits...

PS.: dies ist lediglich meine Interpretation der Rechtslage und keine irgendwie angedachte Rechtsauskunft! Diese Meinung muss also nicht stimmen.

KlausK
16.03.2012, 10:53
Vielen Dank für deine Einschätzung.

Mittels deinem ersten Link bin ich meinem Problem jetzt etwas näher gekommen.
Dort heißt es:

Preisempfehlung muss als Orientierungshilfe geeignet sein:

Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangt für eine Preisgegenüberstellung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers zunächst, dass es sich überhaupt um eine solche Empfehlung nach § 23 GWB handelt. Dafür muss sich die Herstellerpreisempfehlung als „ein auf ernsthafter Kalkulation basierender angemessener Verbraucherpreis“ darstellen. Nur dann kann diese Empfehlung als Orientierungshilfe für Preisüberlegungen der angesprochenen Verbraucherkreise wirken.

Wenn jetzt also der Vertreter meines Herstellers sagt

Wir haben keine offizielle UVP, empfehlen jedoch die Faustformel UVP = EK + X %
Ist das dann „ein auf ernsthafter Kalkulation basierender angemessener Verbraucherpreis“?

Ich glaube nicht, dass man hier von Ernsthaftigkeit sprechen kann. Denn diese Kalkulation ist wohl eher eine Milchmädchenrechnung. Und auch wenn es den § 23 GWB gar nicht mehr gibt, wird das nichts daran ändern unter welchen Bedingungen die UVP zu ermitteln ist.

Mich ärgert allerdings, dass mir ein Rechtsanwalt - dessen Kanzlei ich jährlich etliche hundert Euro überweise - diese Frage nicht hätte deutlicher beantworten können. Er hätte ganz einfach sagen können:

Diese Art der UVP entspricht nicht den gängigen Methoden der kaufmännischen Kalkulation und ist deshalb unzulässig.
Punkt. Das wäre eine klare Antwort auf eine klare Frage gewesen.

Aber mit der wiederholten Antwort (O-Ton) "Sollte es keine UVP geben, dürfen Sie damit auch nicht werben" würde mich mein lieber Herr Rechtsanwalt genauso gut ins offene Messer laufen lassen. Denn ein blutiger Anfänger hätte die Empfehlung dieser Milchmädchenrechnung durchaus als ernstzunehmende UVP (also unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers) verstanden.

Vielleicht sollte ich doch mal die Kanzlei wechseln ...